Warum er mich inspiriert

Im September 2019 hatten mein Mann und ich endlich die Gelegenheit unsere Hochzeitsreise nachzuholen. Es war ungelogen eine der schönsten Reisen, die wir je unternommen haben, weil wir von der rauen und unberührten Landschaft und der Herzlichkeit ihrer Bewohner so fasziniert waren. Und da waren wir also, auf der North Coast 500, einer 500 Meilen (ca. 800 km) langen Rundreise durch den Norden Schottlands und übernachteten in dem sehr einladenden B&B (Bed & Breakfast) eines netten Pärchens, das ursprünglich aus einem anderen Teil Schottlands hierhergezogen war.

Während wir so ins Gespräch kamen erfuhren wir, dass die beiden sich entschlossen hatten, ihre unbefriedigende und wenig erfüllende Arbeit in einem Unternehmen hinter sich zu lassen, um dieses wunderschöne B&B zu eröffnen und sich an etwas zu versuchen, wovon sie sich vorstellen konnten, dass sie daran Spaß hätten – ihre Zeit mit Menschen zu verbringen, sie zu bewirten und allgemein dafür zu sorgen, dass ihre Gäste sich wohl fühlen und eine gute Zeit haben.

Ich war zutiefst berührt und inspiriert von ihrem Mut so etwas zu tun. Einen Job zu kündigen, in dem man sich nicht wohlfühlt und der einem nicht wirklich Spaß macht, ist keine leichte Aufgabe (das weiß ich aus Erfahrung). Es erfordert so viel Mut durch die Angst vor dem Unbekannten hindurchzugehen und der eigenen Intuition zu folgen, dass was auch immer als nächstes kommt, es einen nur glücklicher machen kann als in der aktuellen Situation zu verharren… Ich ziehe echt meinen Hut vor dem Beispiel, das unsere Gastgeber damit setzen!

Darauf zu vertrauen, dass du selbst am allerbesten weißt, was für dich richtig ist und was nicht, und den Mut aufzubringen für dich und die Art wie du behandelt werden möchtest einzustehen, ist einer der wichtigsten Schritte, den wir lernen können. Diese Entscheidung wird jeden Teil deines Lebens beeinflussen und du wirst vermutlich eine ganz neue Verbindung zu dir und deinem Leben aufbauen. Und dadurch, indem du als Beispiel oder Vorbild vorangehst, wirst du auch anderen helfen diesen Schritt zu wagen für sich selbst einzustehen und sich ein Leben aufzubauen, das zu ihnen selbst passt und nicht zu jemand anderem.

5 Fragen an Graeme

Wie sah dein bisheriger Weg aus?

Von meinem “Weg” zu sprechen hört sich irgendwie an als hätte ich einen Plan gehabt. Eigentlich habe ich mich so durch mein Leben gewurschtelt, wahrscheinlich ohne großen Ehrgeiz und damit zufrieden mit dem Strom zu schwimmen. Es wäre toll sagen zu können ich hatte ein Ziel oder einen Masterplan, aber so war es nie. Ich war glücklich, wenn es eine Balance zwischen Arbeit und Freizeit gab und ich am Wochenende andere Dinge tun konnte… Motorradfahren und Paragliding, wobei das Paragliding meine Hauptablenkung war, doch auch Bergwandern, Rad- und Skifahren waren eine ziemlich gute Ablenkung. Solange die Arbeit angenehm war und die Leute, mit denen ich arbeitete, gute Leute waren und ich dachte, dass die Arbeit etwas beiträgt, war es in Ordnung.

Aber dann hörte es auf angenehm zu sein und das „Montagmorgen-Gefühl“ wurde zu einem Freitags-Gefühl von „bald ist schon wieder Montag“. Dann änderten sich die Arbeitskollegen, nun ja, einige von ihnen, (oder ich?). Wenn du mit jemandem von ziemlich weit oben in der Rangfolge im Unternehmen einen Streit hast, der so weit geht, dass diese Person dich anschreit und beschimpft, woraufhin dein Chef (den man irgendwann vielleicht mal als Kumpel bezeichnet hätte) zu dir ins Büro kommt, die Tür schließt und dir sagt, dass du ja Recht hast, aber er dir aufgrund dessen mit wem du gestritten hast, nicht beistehen kann… nun, das war wohl der Punkt an dem die Dinge anfingen sich zu ändern.

Es hatte immer eine Unternehmenskultur gegeben, in der man versuchte der/die Beste zu sein, in der Hinsicht, dass zum Beispiel jede Beschwerde berücksichtigt und analysiert wurde und man, wenn möglich, darauf reagierte. Wir waren stolz darauf, dass dies zu einer erstaunlich niedrigen Zahl von Beschwerden führte. Aber plötzlich durfte man nicht mehr reagieren, das Unternehmen sagte offen, dass es nie der/die Beste sein wollte, nur gut. Wege zur Verbesserung durch einen Kommentar oder eine Beschwerde wurden beantwortet mit „wir wollen kein Geld ausgeben, wenn es sich nur um ein paar Beschwerden handelt und nichts Ernstes“ … Ich war in dieser neuen Unternehmenskultur einfach nicht glücklich und meine Frau Eilean und ich hatten immer gesagt, wenn es uns nicht gefällt, ist es Zeit zu gehen. Es gefiel uns beiden nicht. Zum Glück waren wir uns darin einig!

Wir wollten unser eigener Chef sein und sahen uns ein paar Geschäfte an. Aber ein Geschäft, das zum Verkauf steht, bedeutet oft, dass es nicht mehr lange überlebt! Keiner von uns hatte Erfahrung im Gastgewerbe, aber uns gefiel die Idee und wir sahen uns um. Wir suchten in ganz Schottland. Wir wollten etwas Ländliches und dachten, dass 4 bis 5 Zimmer ganz gut passen müssten.
So sind wir hier gelandet.

Was begeistert dich, wofür brennst du?

Seltsamerweise hat sich das geändert. Ich lebte für das Paragliding und Motorradfahren. Das sagt ja auch schon viel aus, denn für beides braucht man Konzentration und Fokus. Der Versuch in einer engen und rauen Thermik aufzusteigen lässt dir keine Zeit, um über die Arbeit nachzudenken.

Teilweise kann ich es mir im Moment einfach nicht leisten, aber vielleicht brauche ich auch die Flucht/Ablenkung nicht mehr (Ok, wenn ich meinen alten Schirm ersetzen und mir einen Winterurlaub zum Paragliding leisten könnte, würde ich sofort aufbrechen :-)). Ich vermisse es schon, aber ich brauche es nicht.

Jetzt wollen wir nur unser kleines B&B betreiben und unseren Kunden einen angenehmen Aufenthalt und eine schöne Reise ermöglichen. Eigentlich sehr einfach!

Auf welche Art und Weise versuchst du, etwas zu verändern?

Wenn ich so zurückschaue habe ich immer die riesigen Mengen an Plastikflaschen gerechtfertigt, die wir so rausgehauen haben, tausende pro Stunde. Jetzt fühle ich mich eher ein bisschen schuldig, also sind wir, hoffe ich, freundlicher zur Umwelt. Und hoffentlich auch freundlicher im Umgang mit anderen Menschen.

Was war die größte Lektion, die du in deinem Leben lernen duftest?

Ich wünschte ich wäre schon vor Jahren abgesprungen! Ich schätze, die Angst um meine finanzielle Zukunft hielt mich davon ab. Also würde ich sagen „Mach dir keine Sorgen, wie du an das Geld für deine „Spielzeuge“ kommst, mit denen du temporär deiner Realität zu entfliehen versuchst. Entflieh einfach der derzeitigen Realität selbst!“

Ich habe auch viel zu lange genraucht, um zu erkennen, dass das Beste in meinem Leben Eilean war. Wir waren beide richtig unglücklich auf der Arbeit und unsere geistige Gesundheit war uns viel wichtiger.

Was ist deine Botschaft an alle da draußen?

Wer bin ich denn, dass ich der Welt einen Rat geben könnte – ich habe mich doch selbst so lange verrannt.

Aber wenn du arbeitest, vielleicht sogar mit Leuten, die für dich arbeiten, erinnere dich daran, was deine Arbeit ist und was du für deine Leute bist … Würdest du für deine Kollegen einstehen oder eher für deine eigene Position? Wenn es für deine eigene Position ist – solltest du vielleicht auch deine Zukunft ändern?

HIER kannst du Eileans und Graemes wunderschönes B&B finden.